Gedichte - Zeit - Tag - Nacht

Dann gleißt ein Stern in einem schwarzen Tümpel. Figuren stehn noch da aus alten Zeiten. Man sieht Konturen noch von anderen Dingen Und eine Schrift, verblaßt auf morschen Schildern, Vielleicht die Farben auch von heiteren Bildern: Engel, die vor Mariens Throne singen. Georg Trakl, 1887-1914 - Gesang zur Nacht IX O Nacht, du stummes Tor vor meinem Leid, Verbluten sieh dies dunkle Wundenrnal Und ganz geneigt den Taumelkelch der Qual! O Nacht, ich bin bereit! O Nacht, du Garten der Vergessenheit Um meiner Armut weltverschloss'nen Glanz, Das Weinlaub welkt, es welkt der Dornenkranz. O komm, du hohe Zeit! Georg Trakl, 1887-1914 - Menschen bei Nacht Die Nächte sind nicht für die Menge gemacht. Von deinem Nachbar trennt dich die Nacht, und du sollst ihn nicht suchen trotzdem. Und machst du nachts deine Stube licht, um Menschen zu schauen ins Angesicht, so musst du bedenken: wem. Die Menschen sind furchtbar vom Licht entstellt, das von ihren Gesichtern träuft, und haben sie nachts sich zusammengesellt, so schaust du eine wankende Welt durcheinandergehäuft. Auf ihren Stirnen hat gelber Schein alle Gedanken verdrängt, in ihren Blicken flackert der Wein, an ihren Händen hängt die schwere Gebärde, mit der sie sich bei ihren Gesprächen verstehn;

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