Gedichte - Zeit - Tag - Nacht
Lied des Lebens Flüchtiger als Wind und Welle Flieht die Zeit; was hält sie auf? Sie genießen auf der Stelle, Sie ergreifen schnell im Lauf; Das, ihr Brüder, hält ihr Schweben, Hält die Flucht der Tage ein. Schneller Gang ist unser Leben, Lasst uns Rosen auf ihn streun. Rosen; denn die Tage sinken In des Winters Nebelmeer. Rosen; denn sie blühn und blinken Links und rechts noch um uns her. Rosen stehn auf jedem Zweige Jeder schönen Jugendtat. Wohl ihm, der bis auf die Neige Rein gelebt sein Leben hat. Tage, werdet uns zum Kranze Der des Greises Schläf' umzieht Und um sie in frischem Glanze Wie ein Traum der Jugend blüht. Auch die dunkeln Blumen kühlen Uns mit Ruhe, doppelt-süß; Und die lauen Lüfte spielen Freundlich uns ins Paradies. Johann Gottfried von Herder, 1744-1803 - Zur Unvergäglichkeit fühlt sich der Mensch berufen , Und so vergänglich doch ist alles, was wir schufen; Und alles, was wir sind, ist ebenso vergänglich, Doch in uns das Gefühl des Ew`gen unverdränglich. Was ich gestrebt, vollbracht, gefunden und gedacht, So ewig, wie ich selbst, ist es von Gott gemacht. Mein Leben ist ein Schiff, den Strom hinab getrieben, Dahinter keine Spur im Wasser ist geblieben. Wer nach mir gleitet, weiß nicht, wer voran mir glitt; Wer nach mir schreitet, fragt nicht, wer voran ihm schritt. Wer nach mir streitet, ahnt nicht, daß ich vor ihm stritt; Wer nach mir lediet, fühlt nicht, was ich vor ihm litt. Wie seines Lebens Strauch erschüttert mancher Hauch,
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