Gedichte - Naturlyrik - Flora Fauna

wie wir jetzt im Kleide blühn von Samt und Seide hell im Sonnenlicht. Nur als wie Gedanken lagen wir im schlanken grauen Baumgeäst; unsichtbare Geister, die der Weltbaumeister dort verweilen läßt. Kätzchen ihr der Weide, wie aus grauer Seide, wie aus grauem Samt! O ihr Silberkätzchen, ja, nun weiß, ihr Schätzchen, ich, woher ihr stammt. Christian Morgenstern, 1871-1914 - Die hohle Weide Der Morgentau verstreut im Thale Sein blitzendes Geschmeide; Da richtet sich im ersten Strahle Empor am Bach die Weide. Im Nachttau ließ sie niederhangen Ihr grünendes Gefieder Und hebt mit Hoffnung und Verlangen Es nun im Frührot wieder. Die Weide hat seit alten Tagen So manchem Sturm getrutzet, Ist immer wieder ausgeschlagen, So oft man sie gestutzet. Es hat sich in getrennte Glieder Ihr hohler Stamm zerklüftet, Und jedes Stämmchen hat sich wieder Mit eigner Bork' umrüftet. Sie weichen auseinander immer, Und wer sie sieht, der schwöret, Es haben diese Stämme nimmer Zu einem Stamm gehöret.

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