Gedichte - Naturlyrik - Flora Fauna

fingerte der alte Knabe, ein wenig vorsichtig und geziert, wie man Badewasser probiert. Und über seine Runzeln ging ein Schmunzeln. Ferdinand Avenarius, 1856-1923 - Das Lied vom Kirschbaum Zum Frühling sagt der liebe Gott "Geh, deck dem Wurm auch seinen Tisch!" Gleich treibt der Kirschbaum Laub um Laub, vieltausend Blätter, grün und frisch. Das Würrnchen ist im Ei erwacht, es schlief in seinem Winterhaus; es streckt sich, sperrt sein Mäulchen auf und reibt die blöden Augen aus. Und darauf hat's mit stillem Zahn an seinen Blätterchen genagt; es sagt: "Man kann nicht weg davon! Was solch Gemüs' mir doch behagt!"- Und wieder sagt der liebe Gott: "Deck jetzt dem Bienchen seinen Tisch!" Da treibt der Kirschbaum Blüt' an Blüt", vieltausend Blüten, weiß und frisch. Und's Bienchen sieht es in der Früh im Morgensonnenschein und fliegt heran und denkt: Das wird mein Kaffee sein; was ist das kostbar Porzellan! Wie sind die Täßchen rein gespült!" Es steckt sein Züngelchen hinein, es trinkt und sagt: Wie schmeckt das süß! Da muß der Zucker wohlfeil sein!" Zum Sommer sagt der liebe Gott: "Geh, deck dem Spatzen seinen Tisch!"

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