Gedichte - Naturlyrik - Flora Fauna

Sogar den Schatten weiß und sonder Schwärze hat. Unmöglich, dacht ich, kann auf Erden Was weißers aufgefunden werden. Indem ich nun bald hin, bald her Im Schatten dieses Baumes gehe, Sah ich von ungefähr Durch alle Blumen in die Höhe Und ward noch einen weißern Schein, Der tausendmal so weiß, der tausendmal so klar, Fast halb darob erstaunt, gewahr. Der Blüte Schnee schien schwarz zu sein Bei diesem weißen Glanz. Es fiel mir ins Gesicht Von einem hellen Stern ein weißes Licht, Das mir recht in die Seele strahlte. Wie sehr ich mich an Gott im Irdischen ergetze, Dacht ich, hat er dennoch weit größre Schätze. Die größte Schönheit dieser Erden Kann mit der himmlischen doch nicht verglichen werden. Barthold Hinrich Brockes, 1680-1747 - Vom Kirschbaum Ist alles ganz kahl und still, nicht mal im Grase sich's regen will. steht alles geduckt, klappert im Frost und muckt mit dem Winter. Der putzt es mit Rauhreif auf, aber keines gibt was drauf. Doch im Garten sagt einer: " Ich kann warten." Ist jemand, du kennst ihn wieder kaum, so dünn ist er worden: der Kirschenbaum. Schläft er nicht? Trau einer dem Wicht! Heute Mittag, um Uhre eins gab's mal ein Pröbchen Sonnenscheins: Darin - ich habe das deutlich gesehn - mit seinen Knospen

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