Gedichte - Menschheit Leben Schicksal

Und nun auf Wellen (nach meinem Belieben Herangezogen, davongetrieben), Als Wogenschaum spielt mein eigenster Dreck Und da auf dem Gipfel neptunischer Lust, Klebt sich der Waschlappen mir an die Brust. Brust, Wanne und Wände möchten zerspringen, Denn ich beginne nun, dröhnend zu singen Die allerschwersten Opernkaliber. Das Thermometer steigt über Fieber, Das Feuer braust, und der Ofen glüht, Aber ich bin schon so abgebrüht, Dass mich gelegentlich Explosionen — – Wenn's an mir vorbeigeht — Erfreun, weil manchmal dabei was entzweigeht, Was Leute betrifft, die unter mir wohnen. Ich lasse an verschiedenen Stellen Nach meinem Wunsch flinke Bläschen entquellen, Erhebe mich mannhaft ins Duschengebraus. Ich bück mich. Der Stöpsel rülpst sich hinaus, Und während die Fluten sich gurgelnd verschlürfen, Spannt mich das Bewusstsein wie himmlischer Zauber, Mich überall heute zeigen zu dürfen, Denn ich bin sauber. — Joachim Ringelnatz, 1883-1934 - Intérieur Ein großer Raum - halbdunkel ... Tödlich ... Ganz verwirrt ... Aufreizend! ... Zärtlich ... Traumhaft ... Nischen, schwere Türen Und weite Schatten, die in blaue Winkel führen ... Und irgendwo ein Ton, der wie ein Sektglas klirrt. Auf schwachem Teppich liegt ein breites Bilderbuch, Von grünem Deckenlicht verzerrt und übertrieben. Wie - weiche Kätzchen - fromm sich weiße Fräulein lieben! Vom Hintergrund ein Greis und seidnes Taschentuch. Alfred Lichtenstein, 1889-1914 -

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