Gedichte Lebensstufen - Lebensalter

Sie sind dir toter noch in ihrer Gebärde Als die Gräber mit ihrer hohen Hügelerde. Du kannst nicht lachen laut, weil die toten Jahre lächelnd Schweigen. Weinst auch nicht, weil die toten Jahre keine Rührung zeigen. Deine Hände reichst du nicht gern, sie sind fleischlos und milde, Und nur deine Augen folgen überall, wie die Augen von einem Bilde. Während die ändern um Lampen sitzen in der Sommernacht, Hat dir keine Lampe Licht in Die Kammern deiner Jahre gebracht; Und wie unter einem dunklen Baum stehst du verschwunden, Und kein neuer Wein im Glas kann dir wie die alten Weinjahre munden. Das Haus, das dich überlebt, sieht hoch zur geräumigen Nacht, Doch Du findest es fremd, seit du weißt, daß es nur für Lebende gemacht. Seit die Jahre und die Toten dich fortziehen von Giebel und Tor, Kommt dir das Haus wie ein Wirtshaus lärmend und kaltblütig vor. Und nur die Jahre, die dich zu den Toten langsam führen, Mußt du zuletzt noch als die besten Freunde spüren. Max Dauthendey, 1867-1918 - Gedichte über Lebensstufen Das Stufenalter des Menschen Mit vierzig Jahren (Schwabenalter) Mit vierzig Jahren ist der Berg erstiegen, Wir stehen still und schau`n zurück; Dort sehen wir der Kindheit stilles liegen Und dort der Jugend lautes Glück. Noch einmal schau, und dann gekräftigt weiter Erhebe deinen Wanderstab! Hindehnt ein Bergesrücken sich, ein breiter, Und hier nicht, drüben geht's hinab. Nicht atmend aufwärts brauchst du mehr zu steigen, Die Ebene zieht von selbst dich fort; Dann wird sie sich mit dir unmerklich neigen, Und eh' du's denkst, bist du im Port. Friedrich Rückert, 1788-1866

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