Gedichte - Naturlyrik - Flora Fauna

Schlaf-Mohn Abseits im Garten blüht der böse Schlaf, in welchem die, die heimlich eingedrungen, die Liebe fanden junger Spiegelungen, die willig waren, offen und konkav, und Träume, die mit aufgeregten Masken auftraten, riesiger durch die Kothurne - : das alles stockt in diesen oben flasken weichlichen Stengeln, die die Samenurne (nachdem sie lang, die Knospe abwärts tragend, zu welken meinten) festverschlossen heben: gefranste Kelche auseinanderschlagend, die fieberhaft das Mohngefäß umgeben Rainer Maria Rilke, 1875-1926 - Wald Im Walde In stiller Ruh liegt Wald und Feld Soweit ich horch, kein Laut erschallt. Die Sonne ist geschieden. Da lieg ich nun im grünen Hag Im alten trauten Tannenschlag, Um mich den tiefsten Frieden. Als wollt er wiegen mich in Traum, So leise rauscht der Tannenbaum Und neigt den hohen Gipfel, Der tönt gar wundersam ans Ohr, Die andern flüstern wie im Chor Und schütteln ihre Wipfel. Mit einem Mal ein Posthorn klingt. Wie mächtig mir zu Herzen dringt Das alte Lied vom Scheiden. So leb' denn wohl! Mir ist so weh. Wer weiß, wann ich dich wiederseh, Ich muß es schweigend leiden.

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