Gedichte - Naturlyrik - Flora Fauna

entschwundene Schwester, die wir unter anderen Rosen überdauern Rainer Maria Rilke, 1875-1926 - Wilde Rosen Wenn die wilden Rosen blühn An des Feldes Rand, Frischgemähtes Wiesengrün Duftet durch das Land, Wenn in stillen Waldesgründen Sich die rothen Beeren ründen Und die Sommerzeit verkünden, Wenn der Himmel blaut so weit - O du schöne Rosenzeit! Hell und warm ist nun die Nacht, Länger wird der Tag, Dass er all der Schönheit Pracht In sich fassen mag. Frühling ist noch nicht gegangen, Sommer hat schon angefangen, Beide hold vereinigt prangen, Herbst und Winter sind noch weit - O du schöne Rosenzeit! Ja in Rosen steht die Welt, Aber ahnungsbang Rauschet durch das Ährenfeld Schon ein fremder Klang: Bald ertönt der Erntereigen, Und die Rose wird sich neigen, Und die Vögel werden schweigen.

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