Die Luft den Duft von meiner Jugend streifen, Und heute sind die Lust, die Macht verendet. Doch seh ich Blumen tief aus sich erstrahlen, An jedem Morgen sich zur Sonne neigen Und fast mit Hingebung zum Lichte prahlen. Ich aber mußte rasch herniedersteigen. Verloren sind ja alle Sehnsuchtsqualen: Mein Wesen wurde Niemandem zu eigen. Theodor Däubler, 1876-1934 - Blaue Hortensie So wie das letzte Grün in Farbentiegeln sind diese Blätter, trocken, stumpf und rauh, hinter den Blütendolden, die ein Blau nicht auf sich tragen, nur von ferne spiegeln. Sie spiegeln es verweint und ungenau, als wollten sie es wiederum verlieren, und wie in alten blauen Briefpapieren ist Gelb in ihnen, Violett und Grau; Verwaschnes wie an einer Kinderschürze, Nichtmehrgetragenes, dem nichts mehr geschieht: wie fühlt man eines kleinen Lebens Kürze. Doch plötzlich scheint das Blau sich zu verneuen in einer von den Dolden, und man sieht ein rührend Blaues sich vor Grünem freuen. Rainer Maria Rilke, 1875-1926
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