Über Früchte Erdbeersträuchlein Ein Mägdlein an des Felsen Rand ein nacktes Erdbeersträuchlein fand, von Sturm und Regengüssen zerzaust und losgerissen. Da sprach das Mägdlein leise: Du arme nackte Waise, komm mit mir in den Garten mein, du sollst mir wie ein Kindlein sein. Drauf macht' es wohl die Wurzeln los und trug das Pflänzchen in dem Schoss und spähte still und wonnig ein Plätzchen kühl und sonnig, und wühlte in der Erde mit emsiger Geberde, und pflanzte nun das Plfänzchen drein und sprach: Das soll dein Bettchen sein. Und als die Frühlingszeit erschien, begann das Pflänzchen schön zu blühn, wie sieben weisse Sterne; das sah das Mägdlein gerne. Da wurden sieben Beeren, als ob's Rubinen wären. Seht, sprach's es will nun dankbar sein, und meint, ich sei sein Mütterlein. Friedrich Rückert, 1788-1866 - Die Erdbeeren Holde Erdentöchter, Frühlings frühe Kinder, Schon aus Sonnenvaters Warmem Lebenshauche Und aus Mutter-Erden
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